Yep, grundsätzlich ja. Allerdings nicht, wenn es um den Glauben an den Weihnachtsmann und das Träumen von Geschenken geht. Dieser Satz fällt jedoch genau dann am meisten. Wenn es darum geht, dass Kinder quasi ein Recht darauf haben an den Weihnachtsmann zu glauben.
Nicht eher das Recht der Eltern auf eine Erziehungsunterstützung?
Nun, wie kommen denn Kinder dazu, an den Weihnachtsmann zu glauben? Ist es ein immanenter Wunsch eines Kindes nach einer Wunscherfüllungsfigur? Nein, sie bekommen es erzählt. Meistens von Baby an von ihren Eltern. Der schön geschmückte Baum, die raschelnden Geschenke, alles wird instrumentalisiert für die Illusion eines Wesens, dass alles zauberhaft macht. Nur, so zauberhaft ist der Glaube nun auch wieder nicht. Denn nicht die Kinder pochen darauf, dass es den Weihnachtsmann gibt, sondern die Eltern. Natürlich, weil es eine nette Erziehungshilfe ist. Der Weihnachtsmann kommt immerhin nur zu braven Kindern. Wenn man etwas nicht schenken will, dann hat der Weihnachtsmann das eben nicht mehr bekommen (oder in seiner Werkstatt nicht bauen können, wenn man ganz konsequent ist). Natürlich werden jetzt viele sagen „Nein, niemals.“ Doch ganz ehrlich, Hand aufs Herz, wem ist nicht schon „Wenn Du nicht brav bist, bekommst Du kein Geschenk.“ im Einkaufsstress rausgerutscht? Oder „Nein, das kann der Weihnachtsmann nicht bringen, das ist zu groß/schwer/teuer/kann keine elektrischen Sachen bauen.“, wenn ein gewünschtes Spielzeug nicht von einem als Eltern erwünscht ist? Und warum eigentlich nur zur Maßregelung? Ein „Tiere kann der Weihnachtsmann nicht verschenken, Tiere sind eigenständige Lebewesen, aber wir können ja mal im Tierheim schauen, ob wir zusammen eins adoptieren können“, das wäre doch mal was, oder?
Nicht notwendig, sondern Enttäuschung
Grundsätzlich ist diese Deus ex machina in Form eines grundsätzlich zwar netten, aber eben nicht jedem etwas schenkenden Wesens (letztendlich ja egal ob Weihnachtsmann, Christkind oder sonst was) gar nicht nötig. Weder um Kinderträume zu befeuern, das können sie gut allein. Noch um erzieherisch zu wirken, da kommt man mit Wahrheit und Authentizität wesentlich weiter. Hinzu kommt die Enttäuschung, die ziemlich bitter sein kann, wenn Kinder feststellen es ist alles nicht wahr. Die ganze Zeit haben die Eltern heimlich Geschenke gekauft, verpackt und unter den Baum gelegt. Papa/Opa/Onkel war immer nicht da, wenn der Weihnachtsmann kam, weil sie sich als jener verkleidet hatten. Wenn so ein Traum, eine Fantasie, die über Jahre durch die Eltern befeuert wird, kaputt geht, dann kann das mit einem ziemlich lauten Knall passieren. Es ist schon ein gewisser Vertrauensbruch und je nachdem, wie alt das Kind bei der Erkenntnis ist, wird es seine Eltern nun vielleicht noch mehr in Frage stellen. Richtig blöd ist es für ältere Geschwisterkinder, die den Eltern zuliebe das Ganze mitspielen, um die Illusion für die jüngeren Geschwister aufrecht zu erhalten. So werden ältere Kinder gleich instrumentalisiert (ich habs selbst durch, ist kein Spaß und nervt wahnsinnig) und erlernen diese Muster von Heimlichkeit und Schwindel gleich mit.
Aber was dann?
Erziehung funktioniert auch ohne solche Hilfsmittel ganz wunderbar. Und wenn ich schon Weihnachtsmann und Co. einführe, dann bitte ohne an irgendwelche Bedingungen geknüpft, sondern als Traditionen, als Figuren mit geschichtlichem Hintergrund. Wenn ich schon dabei bin, kann ich auch gleich die Ursprünge der Feste, die wir so feiern erklären. Denn an Weihnachten, und auch an keinem anderen religiösen Fest, geht und ging es je ums Beisammen sein und Geschenke verteilen. Sie haben eine Botschaft, die vermittelt werden soll. Auch diese ist zwar irgendwie eine erzieherische, aber in der Hinsicht kann jeder frei wählen, ob er dieser folgt oder nicht. Dennoch sollte das Wissen darum nicht verschüttet werden, allein schon, um in der Lage zu sein anderen Glaubensrichtungen und Kulturen offen begegnen zu können. Schaue ich nur auf den Kommerz, auf das Brav sein und die Belohnung dafür, gehen wichtige Erkenntnisse und Erlebnisse für das Leben verloren.
Und wo wir gerade dabei sind
Wir leben ziemlich gut ohne Weihnachtsmann. Und auch ohne Weihnachtsbaum (ist weder nachhaltig, noch ergibt es für mich Sinn Bäume zu pflanzen und sie dann abzuholzen, damit sie 4 Wochen lang im Wohnzimmer zu Feuerholz trocknen). Natürlich führen wir keinen Schlachtzug gegen den Glauben an Weihnachtsmann oder Christkind, wir nutzen ihn nur einfach nicht. Geschenke kommen von uns, wir haben unser Kind sehr lieb. Weswegen es nicht nur zu Weihnachten oder zum Geburtstag größere Geschenke gibt, sondern auch mal zwischendurch, wenn sich etwas ergibt. Die christlichen Hintergründe werden sicher im Kindergarten besprochen, wir erklären ihr dann irgendwann die geschichtlichen Hintergründe. Der Gewitterhexe mangelt es trotzdem weder an Träumen noch an ziemlich materiellen Wünschen. Allerdings kann sie gut damit leben, wenn etwas nicht erfüllt werden kann und das ohne Ersatzbefriedigung.
Bitte nicht falsch verstehen, wer Weihnachten nur mit Weihnachtsmann und Co., mit Heimlichkeit (und Stress) feiern will, kann dies tun. Allerdings kann und sollte man als Erwachsener dazu stehen, dass man es selbst schön findet und nicht Kinder dafür instrumentalisieren. Es ist nicht schlimm, Weihnachtsschmuck und Geschenke unterm Baum schön zu finden. Es ist allerdings nicht so toll, Kindern etwas in den Mund zu legen, was sie so wahrscheinlich gar nicht sagen würden.