Bitte, Danke, gern geschehen

Muss man Kindern „Bitte“ und „Danke“ beibringen? Und müssen Kinder alles als Bitte formulieren?

Wir erleben es alle immer wieder, diese Situationen. Ein Kind bekommt etwas geschenkt, freut sich und spielt gleich los. Es sagt nicht Danke (und macht am besten noch einen Hofknicks dazu). Ein Elternteil kommt dazu und fragt „Wie sagt man?“ Meistens bekommt das Kind diese Frage gar nicht mit. Dann wird es nochmal gefragt oder bestimmter darauf hingewiesen, dass es sich zu bedanken hat. Diese Situation ist für alle eher unangenehm, sowohl für den Gebenden, dem vielleicht die Freude des Kindes gereicht hat, als auch für das Kind, da es sich zurecht gewiesen fühlt (und das wird es immer tun, egal lieb die Anweisung gesäuselt wird. Es zeigt „Mama ist nicht zufrieden mit mir.“). Und auch für die Mutter, der es unangehnem ist und die den gesellschaftlichen Druck nach einem funktionierenden Kind im Hinterkopf hat.

In Anbetracht dieses Drucks wundere ich mich, warum so viele Erwachsene diese simplen Höflichkeitsformeln entweder nicht beherrschen oder nicht anwenden? Nicht selten die selben Menschen, die sich dann an ein Kind, dass sich nicht „richtig“ bedankt, sagen „Wie sagt man?“ Nicht nur, dass sie etwas verlangen, dass sie selbst nicht umsetzen, sie üben einen Druck an einer Stelle aus, wo er vollkommen unnötig ist. (Druck ist generell nicht notwendig, aber das steht auf einem anderen Blatt.) Sie gehen also nicht mit gutem Beispiel voran. Doch genau so lernen Kinder. Sie lernen durch das, was sie von uns sehen, hören, erleben, wie mit ihnen umgegangen wird. Da müsste sich doch automatisch der Gedanke aufdrängen, dass ein Kind, dem ich Dankbarkeit vorlebe, dem ich zeige, dass Bitte und Danke etwas mit Wertschätzung zu tun hat, wenn es diese Wertschätzung selbst erlebt, es auch anwenden wird (irgendwann). Und dann auch entsprechend empfindet und nicht etwas sagt, weil „man das so tut“.

Im gleichen Umfang, wie Kindern diese Floskeln fast eingetrichtert werden, wird versucht ihnen das Wollen abzutrainieren. Sie sollen alles als Bitte formulieren, nicht wollen, nur möchten. Ein weiterer Schritt in Richtung gut funktionierendes Mitglied der Gesellschaft. Das Problem mit dem Bitten: einer Bitte muss nicht Folge geleistet werden. Auf „ich möchte bitte“ oder „ich möchte bitte nicht“, muss man nicht reagieren. Auch wird gegebenenfalls die Dringlichkeit der Sache nicht klar. Und das kann dann richtig fatal sein. Wie soll ein Kind (und dann später der erwachsene Mensch) sich einer Grenzüberschreitung erwehren, sein Eigentum beschützen, wenn es nie wollen durfte? Ja, natürlich ist es anstrengend, wenn ein Kind in manchen Phasen einfach alles will oder nicht will. Das ist in Ordnung. Für ein Kind hat vieles erstmal die gleiche Priorität und damit will es erstmal (gefühlt) alles. Wir dürfen nicht vergessen, dass ein Kind erst noch lernt, Wünsche und Bedürfnisse zu unterscheiden. Es muss auch erst lernen, seine Bedürfnisse zu priorisieren. Erst, wenn es das kann, wird es nicht immer nur wollen, sondern auch mögen/möchten.

Deswegen sollten wir ihnen die Zeit lassen, die sie brauchen. Ihnen den Raum zur Entfaltung geben, die sie brauchen. Und während sie uns beobachten und lernen, sollten wir uns bewusst sein, wie wir mit ihnen umgehen. Was WIR ihnen WIRKLICH vermitteln wollen (und was wir davon auch tatsächlich vermitteln können). Bevor wir das nächste Mal ein bestimmtes Verhalten von einem Kind erwarten, sollten wir uns in uns hinein hören, ob wirklich wir dieses Verhalten erwarten oder die Gesellschaft irgendwann diese „Regel“ aufgestellt hat.

(Bildquelle: Pixabay)

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7 Kommentare zu „Bitte, Danke, gern geschehen

  1. Hallo Maria.

    Das ist wirklich ein interessanter Beitrag, der zeigt, wo und wie überall geprägt wird. Für mein Verständnis ist es müßig, Kinder unter fünf Jahren mit diesen „Verbindlichkeiten“ zu traktieren, weil da andere Lernerfahrungen wichtig sind. Ansonsten besteht wirklich die Gefahr, daß ganz viel verbogen wird.

    Liebe Grüße,
    Frank

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    1. Guten Morgen Frank, ich finde es generell müßig etwas zu verlangen, wenn man es selbst nicht tut. Da ist es egal, wie alt das Kind ist. Ich bin allerdings auch der Ansicht, dass sich niemand für etwas bedanken muss, wenn er keinen Dank empfindet, vor allem, wenn es um Geschenke geht. Bei Hilfestellung ist es zwar für den Helfenden eventuell verletztend, wenn man es nicht tut, andererseits sollte man nicht helfen, wenn man nur Dank will (und auch davon gibt es genug Menschen). Liebe Grüße, Maria

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  2. Ich finde das Bitte und Danke schon dazugehört. Was ist schlimm daran wenn mein Kind sagt: Kannst du mir mal bitte die Tasse geben? Gib mir mal die Tasse hört sich unhöflich an. Und sich zu bedanken, wenn man etwas bekommt finde ich auch total normal. Leider höre ich das bei den Jüngeren Menschen seltener das sie Bitte oder Danke sagen. Erziehung ist Sache der Eltern! Aaaber, es gibt auch noch Mädels und Jungs die höfflich sind. Mir hat die Tage sogar ein junger Mann (ca.20 Jahre alt) die Tür aufgehalten. Auf mein Danke sagte er sogar noch: Gerne 🙂 Es geht doch noch was 😉

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    1. Das was Du beschreibst ist das Vorleben im Alltag. So lebt man vor, dass man um Dinge bitten kann (und sollte) und sich dann für den Erhalt bedankt. Das ist vollkommen richtig so. Worum es mir geht, ist eine komplett andere Situation. Dieses „wie sagt man?“ kommt hauptsächlich bei Geschenken. Da reicht vielen bspw. die Freude eines Kindes nicht aus, es muss dieses Wort ausgesprochen werden. Gleichzeitig muss sich auch für Dinge bedankt werden, die man nicht will/doof findet/nicht gebrauchen kann (z.B. weil man es schon hat). Und an dieser Stelle finde ich das Erzwingen von Dank unpassend. Und darum geht es mir in meinem Beitrag.

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  3. Ahh OK. Da gebe ich dir echt. Allerdings gebe ich zu, das ich mich auch schon mal für ein Geschenk bedankt habe, das ich eigentlich Schei.. fand. Auch um keinen „Streit“ in der Familie zu haben 🙂

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    1. Das ist etwas, was wir Erwachsenen abwägen (müssen). Gleichzeitig auch etwas, was wir entsprechend vorleben können. Den Streit zu vermeiden, hat in dem Falle zwar nicht unbedingt was mit Wertschätzung, aber bspw. dem Respekt den Gefühlen dem anderen gegenüber zu tun.
      Meine Tochter ist ganz gern mal so drauf, dass sie tatsächlich etwas nur macht, wenn ich Bitte sage (und das mit grad knapp 20 Monaten). Aber dann wird es, meistens, ohne Umschweife und Gemecker erledigt.

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