Nachdem ich bereits bei der letzten Übung für mich beim Thema Freundschaft gelandet bin, wende ich mich daraufhin der Übung „Die Bedeutung von Freunden“ zu. Die Übung ist Teil des Kapitels „Hindernisse bei der Entwicklung von Liebender Güte“. In dem Kapitel geht es hauptsächlich darum, die Schwierigkeiten und Hindernisse, auf die man selbst stoßen kann zu betrachten und aufzulösen. Viele Hindernisse haben mit Anhaftung zu tun, mit dem Wunsch alles festhalten zu wollen und zu leiden, wenn klar wird, dass es nicht festzuhalten ist.
Generell ist es allerdings nicht verkehrt sich ab und an Gedanken darum zu machen, was Freundschaft für einen selbst eigentlich bedeutet und warum das so ist. Für mich waren Freunde lange eine Art zweite Familie. Meine Ursprungsfamilie ist jetzt nicht bekannt für Herzlichkeit ohne Ansprüche. So gesehen ist Anhaftung, vor allem der Hang an materiellen Dingen, elementar bei ihnen. Sich selbst daraus zu lösen war nicht leicht. Dafür habe ich mich dann Freunde geklammert, fast bis zur Selbstaufgabe. Irgendwann spürte ich, dass das so nicht funktioniert und ich begann etwas mehr auf mich zu achten. Oder anders gesagt, ich erwartete, dass ich von meinen Freunden das selbe zurück erhalte, was ich gebe. Ich war (und bin) für sie immer verfügbar, wenn sie mich brauchen. Ich gab alles und wollte, dass auch für mich alles gegeben wird. Immerhin war es für mich eine zweite Familie. Ich hatte sonst keinen rechten Halt in der Welt. Die Ernüchterung kam dann, als mir bewusst wurde, dass das so auch nicht der richtige Weg war. Nicht zuletzt, weil mir oft genug weh getan wurde, auch wissentlich, ein gewisses Ausnutzen mit gleichzeitiger Abweisung. Ähnlich, wie es teilweise in meiner Familie lief. Meine Reaktion darauf war, mich von allen los zu sagen und freundschaftliche Annäherungsversuche abzulehnen und wegzubeissen.
Seitdem sind einige Jahre vergangen. Besonders in meiner Zeit in Irland, mit räumlicher Distanz zu allem, habe ich viel darüber nachgedacht. In vieler Hinsicht war dies eine Zeit, in der ich nochmal neu für mich angefangen habe. Dort habe ich auch zum ersten Mal die Erfahrung machen dürfen, dass sich jemand um meine Freundschaft bemüht, weil ich so bin, wie ich bin. Nicht, weil diese Person etwas von mir wollte, keine Ansprüche oder Erwartungen, einfach, weil es gepasst hat (und es immer noch tut, wofür ich sehr dankbar bin). Und das tat weh. So richtig tief in mir drinnen. Der ganze Schmerz, den ich so schön eingeschlossen hatte, der tropfte so langsam wieder aus meinem Herzen und ich konnte mich wirklich ein bisschen öffnen.
Als ich zurück kehrte war irgendwie klar, dass meine alten Freundeskreise so nicht mehr funktionieren würden. Somit war ich erstmal wieder allein. Leider führte das zu einer Art Rückfall in alte Verhaltensmuster. Aus diesen habe ich mich tatsächlich erst in der Schwangerschaft und durch meine Achtsamkeitspraxis langsam heraus arbeiten können. Vieles fällt mir immer noch schwer, ein Teil von mir wehrt sich immer wieder dagegen neue Kontakte zu knüpfen, aus denen vielleicht Freundschaften werden könnte. Dieser Teil will dann die ganzen alten Geschichten raus holen. Das piekst und sticht und ich will einfach nur weg laufen. Doch ich tue es nicht. Ich kann akzeptieren, dass es so ist, dass ich mich so fühle. Und dann lasse ich los. Denn, Freunde sind wichtig, Kontakte sind wichtig. Freunde sind ein Netz. Ich habe meine eigene kleine Familie, ich brauche keinen Ersatz mehr. Ich kann offen sein für das was kommt. Und so ist es auch schön, wenn wir von einer Mutter aus der Krippe quer über den Parkplatz begrüßt werden. Ohne das Gefühl, dass man irgendwie auffällig wäre, ohne das Gefühl, dass man abgestempelt würde, sondern einfach, weil man sich täglich sieht, weil die Kinder in der Garderobe nebeneinander sitzen.
Also, Freundschaft bedeutet für mich nicht mehr Ersatzfamilie. Freunde sind eine Ergänzung zur Familie. Freunde kann ich überall finden. In der Arbeit, beim Hobby, die Eltern von anderen Kindern, Eltern von Spielfreunden. Es hat lange gedauert, doch sich anderen gegenüber ehrlich öffnen zu können, heisst auch, die Welt grundsätzlich als wohlwollend (an) zu erkennen.
In einigen deiner Aufzählungen erkenne ich mich wieder. Für mich waren Freunde auch sehr wichtig. Wurde immer wieder ausgenutzt und enttäuscht. Das kommt leider öfters vor. Du hast einen sehr guten Weg für dich gefunden. Dieser braucht vor allem Zeit und Eingeständnis. Du hast beides, das beeindruckt mich.
Ich finde super, wie offen du schreibst. So ist nicht so selten.
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Danke für Deine Worte. Es hat auch lange gedauert, bis ich mich so öffnen konnte. Die Meditationspraxis während der Schwangerschaft hat dabei sehr geholfen.
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Ich erkenne mich da auch wieder…
Tja ich sag es mal so, ich hab gelernt manchmal ist es besser auch auf gewisse Freundschaften zu verzichten und vor allem, wenn man sich nicht wohlfühlen damit.
Inzwischen hab ich eigentlich keine so richtigen Freundschaften mehr wie früher, jeder hat sein eigenes Leben, was auch gut so ist.
Ich hab Freundschaften die locker sind und bei denen ich mich nicht verpflichtet fühlen muss….
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Ja, man muss lernen auf seine eigenen Bedürfnisse zu hören und im Zuge dessen auf bestehende Freundschaften hinterfragen. Mittlerweile ist für mich jemand ein Freund, der mich einfach so annimmt, wie ich bin und nichts formen oder ändern will oder Erwartungen hat. Ohne Verpflichtungen, wie Du so schön sagst. Kein, wenn ich etwas tue, dann muss der andere auch was tun und umgekehrt.
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Genau, das finde ich ist auch richtige Freundschaft.
Und was ich auch total wichtig finde, ehrlich sein dürfen, meine Meinung sagen, ohne dass jemand beleidigt ist, oder sauer, weil ich es nicht so sehe.
Freundschaften, die nicht darauf basieren sind für mich einfach nur oberflächlich… und damit für mich irgendwie auch nicht echt.
Aber ich finde das gibt es eigentlich gar nicht.
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Ehrlichkeit ist enorm wichtig, besonders heutzutage. Ich würde eingehen, wenn ich nicht wenigstens im Freundeskreis sagen könnte, was ich denke. Interessanterweise ein Grund, warum ich mich schwer tue mit Frauen Freundschaften zu schliessen, mit Männern jedoch gar nicht (gut, mein Humor ist auch etwas rauer ;)) .
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Das finde ich auch.
Frauen mögen das eher weniger und können auch nicht so gut damit umgehen.
Männer sagen sich eher die Meinung und Männer sind sich nicht gleich beleidigt…
Ich denke ich bin oft zu direkt, das mag auch nicht jede :-))
Aber jetzt als Mama, lerne ich ständig andere Mamas kennen und finde es echt seltsam, man spricht mit so vielen, mit denen man vielleicht im „echten“ leben nie gesprochen hätte… ich sag jetzt nicht, dass ich mit allen Freundschaft schließe, aber ich denke ich bin schon offener, wie früher…
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Frauen sind Zicken, ist einfach so. Ich hab vor allem mit weiblichen Vorgesetzten bisher immer Probleme gehabt. Frauen neigen auch irgendwie mehr zur Unehrlichkeit, aus irgendeinem Grund wollen sie immer perfekt und in allem die Beste sein.
Mit Kind wird man automatisch offener, glaube ich.
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Na ich hab ja auch Probleme mit meiner Chefin. Ich hab auch bei ihr das Gefühl, sie setzt sich mehr für Männer ein….
ich hatte davor immer Chefs und da war es echt anders…
und ja das denke ich auch… ich verstehe das nicht, deswegen versuche ich immer ehrlich zu sein. Auch wenn es manchmal nicht angenehm ist, auch für mich nicht. Weil muss man seinen Mitarbeitern ehrlich sagen, dass sie was schlecht gemacht haben ist ja auch nicht schön.
Mein Mann sagt aber auch immer, wir Frauen trauen uns viel zu wenig zu. Bei meiner jobsuche sagt er immer, das hört sich alles nur so krass an, die Jobs sind alle machbar und das finde ich echt toll. Aber macht auch wieder den Unterschied so deutlich, er würde quasi alles machen und ich schau schon oft, was die Voraussetzungen sind :-))
Aber zurück zu Freundschaft, ich finde das ist ein ganz schwieriges Thema und macht einfach sehr verletzlich und das will auch keiner. Ich hab auch das Gefühl, Frauen sind nachtragend und oft nicht in der Lage, Dinge anzusprechen und sie dann auch abzuschließen… ist ja auch oft in den streitereien innerhalb der Beziehung zu sehen… Frauen regen sich noch Jahre später über die Dinge auf, Männer nicht…
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Ja, aber warum? Kann doch eigentlich nur ein gesellschaftliches Problem sein? Frau Höhlenmensch hatte ja sicher auch nix davon ihrem Gatten jahrelang vorzuhalten, dass er immer nur auf der Jagd war und deswegen nicht die Höhle geputzt hat? Ihr versteht, was ich meine, oder?
Das Schwierige ist bei Freundschaften, dass sich beide Seiten öffnen und ehrlich sein müssen. Wenn das einer nicht macht, gibt es zwangsläufig Verletzungen und diese wiederum verbittern. Man macht dicht, weil es wieder so sein könnte. Dann kommt die Anonymität im Netz dazu, wo man sich seine Welt zurecht basteln kann, wie man sie gern hätte.
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Da geb ich dir recht
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