Lasst sie doch einfach spielen! Mein Kind ist kein dressierter Affe

Und braucht auch keine Dauerbespaßung. Nein, definitiv nicht. Mein Kind bevorzugt es, wenn man es einfach in Ruhe machen lässt und fordert einen schon zum Spielen auf, wenn es dazu Lust hat. Doch es scheint, als seien wir damit tatsächlich die Ausnahme. Wir waren zu Besuch bei meinen Schwiegereltern. Anstatt das Gewitterhexlein, da es ohnehin eher reserviert war, einfach in Ruhe zu lassen, wurde sie dauernd belagert, betatscht und alles kommentiert, was sie tat. Das ging nicht nur mir, sondern auch ihr sichtlich auf die Nerven. Wirklich gespielt und aufgeblüht ist sie erst, wenn nur wir im Raum waren. Sicher, meine Schwiegermutter meint es gut, doch nach knapp 14 Monaten sollte sie langsam wissen, dass das Gewitterhexlein nicht gut auf Entertainment zu sprechen ist. Spielaufforderungen wurden zwar nicht direkt abgelehnt, jedoch auch nicht reagiert, oft mit einem Seitenblick auf mich, der meist sehr fragend war. Klar, ich würde auch komisch schauen, wenn mir jemand Spielzeug hinstellt und dann die ganze Zeit damit irgendwas spielt. Das Kind einfach mal machen lassen, was es möchte, das ging gar nicht, selbst nach bitten meinerseits, das einfach zu unterlassen nicht. Man merkt sehr, dass meine Schwiegermutter anderes bei der Betreuung unserer Nichten gewohnt ist. Und nicht nur dass, immer wieder kamen Aufforderungen wie „Zeig doch mal auf dieses oder jenes.“ oder „Mach doch mal dieses oder jenes.“, „Sag doch mal, dass es Dir schmeckt.“ (an dieser Stelle sagte ich nur, dass das niemand sagen muss, wenn es einem nicht schmeckt. Ich mag dieses Worte in den Mund legen gar nicht). Beim Frühstücken musste auch unbedingt die Klangschale vom Schrank geholt werden, weil die beiden Nichten die ja so toll fänden. Eigentlich waren wir gerade dabei zu essen. Noch während meine Schwiegermutter an der Schale rumbimmelt, mir dröhnten schon die Ohren, möchte das Gewitterhexlein lieber Butter mit dem Finger von meinem Brot schlecken. Irgendwann spürte sie allerdings, dass etwas von ihr erwartet wurde und sie schlug halbherzig mit dem Schlegel an die Klangschale. Ich habe gespürt, dass sie gar kein Interesse daran hatte. Meine Schwiegereltern verteilten Gießkannenlob für jede kleine Handbewegung. Ich bat darum, nicht jede Kleinigkeit zu kommentieren (wozu auch, es war kein Blinder am Tisch). Die Butter war schnell wieder interessanter als alles andere, so dass wieder etwas Ruhe einkehrte. Was mich etwas traurig machte, war die Tatsache, dass sich mein Hexlein scheinbar genötigt gefühlt hat, etwas zu tun, worauf es nicht wirklich Lust hat, nur weil sich andere darüber freuen. Es zeigte mir allerdings auch sehr deutlich, wie genau Kinder wahrnehmen, was andere von ihnen erwarten und diesem versuchen gerecht zu werden.

Bei der Feier fielen wir ohnehin auf. Zum einen hatten wir kein Arsenal an Spielzeug dabei (wozu auch? Sand und Steine reichen ja). Das Gewitterhexlein hatte sehr viel Spaß dabei Steine zu sortieren und die zwei Stufen ums Gebäude herum immer wieder rauf und herunter zu klettern und in halsbrecherischem Tempo durch die Gegend zu krabbeln. Überhaupt hat sie viel Freude daran den Boden mit dem ganzen Körper zu erfahren. Am Spielplatz im Zoo wurde sich auch erstmal komplett lang gemacht und auf den Boden gelegt.

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Zum anderen durfte das Gewitterhexlein allein essen und wurde nicht gefüttert, warum auch? Ich konnte selbst in Ruhe essen und sicher sein, dass meine Tochter satt wird. Aber nein, geht ja nicht, weil dann wird es ja so schrecklich unordentlich (als ob Erwachsene, besonders wenn Alkohol fliesst, da besser wären. Und es war auch keine Wohnung, sondern ein Gemeinschaftsraum der Feuerwehr.) Und dann wagten wir es auch noch früher zu fahren. Im Gegensatz zu anderen, halte ich mein Kind nicht wach, wenn es müde wird. Halbherzige Äusserungen des Verständnisses. Uns egal. Das Gewitterhexlein hat die komplette Fahrt geschlafen, so dass wir nicht genötigt waren im Starkregen mit Gewitter irgendwo eine Pause zu machen. Perfekt.

Alles in allem für mich eher anstrengend, selbst für meinen Mann an manchen Punkten mehr als nervig. Das Gewitterhexlein hat die vielen Menschen soweit gut vertragen. Andererseits, man ließ uns auf der Feier sowieso links liegen, so dass sie ihre Ruhe hatte und wir das tun konnten, was uns am meisten behagte, sie einfach vor sich hin spielen lassen.

 

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11 Kommentare zu „Lasst sie doch einfach spielen! Mein Kind ist kein dressierter Affe

  1. Ich finde, eine kindgerechte Umgebung, ist eine Umgebung in der das Kind spielen und forschen kann. In dem es sich entfalten kann. Dafür muss es nicht unbedingt pädagogisch wertvolles Spielzeug haben oder überhaupt Unmengen davon. Wir haben Spielzeug, allerdings hab ich das damals so eingekauft, dass sie damit im Grunde die ersten 3 Jahre ausgestattet ist. Ansonsten gibt es nicht schöneres, als ein Kind das in vollen Zügen und mit dem ganzen Körper seine Welt erforscht. Das einzige, wo ich finde, dass man nicht genug haben kann sind Bücher.
    Was mich immer sehr stört bei Besuchen ist dieses offensichtliche Überschreiten von Grenzen beim Kind. Das geht beim Anfassen los, über ständig anreden, irgendwas aufdrängen und so weiter. Es nimmt irgendwie keiner für voll, dass Kinder und auch schon Babies, genauso Grenzen haben und das auch signalisieren.

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  2. Hihi, wir haben ja auch ein paar laute, bunte Spielzeuge, aber mehr, damit sie was zum drauf rum drücken hat, wenn wir grad was am Rechner zu tun haben. Kommt ja doch mal vor, dass man was machen muss, was nicht bis zum Abend warten kann. Viel aushalten tun die Dinger nicht und wenn sie dann irgendwann kaputt sind, ists halt so. Ansonsten spielt sie dann doch lieber mit leeren Schachteln und Co. Oder fangen mit den Kaninchen (lässt sie aber in Ruhe, sobald sie im Käfig sind). Bücher schaut sie gern an, auch wenn sie meist das gleiche „wissen“ will.
    Mein Hexlein hat die Fähigkeit jemanden gepflegt zu überhören, wenn sie etwas nicht will, von uns beiden geerbt. Sie hört dann echt einfach nicht hin und das merkt man auch richtig deutlich. Ansonsten konnte sie ja, da immer einer von uns in der Nähe war, direkt auf den Arm flüchten, wenn es doch viel zu viel wurde.

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  3. Wenn es nicht so warm gewesen und wir nicht mitten im Zoo gewesen wären, hätte ich dem Hexlein die Möglichkeit gegeben sich nackig in Sand und Holzstücke zu werfen, wenn sie sich schon lang macht.

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  4. Ach gegessen haben wir übrigens ab dem 3. Monat zusammen, ablenken wäre nicht gegangen und mit 4 Monaten hat sie ja direkt das erste Mal essen gemopst.

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    1. Oh mann. Das klingt wie die Gutachten über uns. Wir wurden auch fertig gemacht, weil wir um Krankenhaus angeblich kein Spielzeug dabei hatten. Was Spielzeug ist, ist offenbar Ansichtssache…
      Zur Bespaßung:
      Dann gibt es ja das andere extrem von Leuten, die meinen Kinder mussten bereits mit drei Monaten stundenlang alleine spielen. Äääääääh jaaaaaaaaa

      Du machst das klasse! Lass dich nicht beirren und nicht stressen. Ok, letzteres geht nicht 😉

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      1. Ja, das stimmt, die Extreme gehen in beide Richtungen. Was hauptsächlich daran liegt, dass die Bedürfnisse und Signale von Babies und kleinen Kinder nicht für voll genommen werden.

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      2. Ja. Man darf sie aus Sicherheitsgründen mal ein paar Wochen in ein Kinderschutzhaus geben bis man herausgefunden hat, ob die Eltern gut oder böse sind. Das schadet dem Kind ja nicht… wenn man seine Bedürfnisse nicht für voll nimmt.

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      3. Es gibt Momente, da frage ich mich, wie die Mitarbeiter vom JA auf Menschen reagieren, die ihre Babies/Kinder schreien lassen, egal was ist. Ist ja, so wie Klaps auf den Po, gesellschaftlich immer noch akzeptiert…trotz wissenschaftlicher Nachweise, dass es eben doch schadet.

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      4. Es ist ja verboten. Da war ich zwar schon in der schule aber inzwischen ist es verboten. Ich kann dir sagen wie sie reagieren. Im Normalfall nicht. Mein Mann ist unter dem Jugendamt nämlich kirre geworden und es passierte… Nichts!

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