Hab ich sie vielleicht doch verwöhnt?

Ein Gedanke, ganz klar aus der Kategorie: Dämliche Gedanken einer vollkommen übermüdeten Mutter. Das Gewitterhexlein macht es uns und sich selbst gerade mal wieder nicht leicht. Wie immer, wenn sie etwas Neues lernt und einen Entwicklungssprung hat. Die Nächte sind kurz und unruhig (manchmal rollt sie so dolle herum, dass sie sich an der Wand den Kopf stößt). Sie steht um 4, mit viel Glück um 5, auf. Schläft noch einmal am Tag. Geht zwischen 17 und 18 Uhr wieder ins Bett. Stillen, einschlafen. 30 Minuten schlafen. Dann ist nochmal stillen notwendig. Man merkt richtig, dass es ihr nicht leicht fällt richtig zur Ruhe zu kommen.
Wenn sie wach ist, will sie meine komplette Aufmerksamkeit. Also richtig komplett. Nicht da sein, nein spielen, Bücher ansehen. Und wehe, der Blick geht mal ein Stück beiseite. Dann gibt es gleich Gemecker. Mal eben aufs Handy schauen oder gar eine Nachricht schreiben/beantworten? Keine Chance. Entweder wandert der Kinderkopf einfach in meinem Blickfeld mit oder sie weint direkt. Gefühlt will sie tausend Mal die gleichen Sachen spielen. Oder Bücher angucken, beziehungsweise genauer Bücher durchblättern und ab und an auf ein Bildchen zeigen. Da frage ich mich, wie andere ihren Einjährigen in Ruhe etwas vorlesen können. Ich würde liebend gern vorlesen, das Hexlein hat aber keine Lust dazu. Lieber das Buch durchblättern und das schnell. Und dann wieder von vorn. Überhaupt ist sie komplett in Bewegung, den ganzen Tag. Also auch beim Ansehen oder mit ihrem Nachtlichtkäfer spielen steht sie am Sofa oder sitzt daneben und wackelt dabei rum. Sie kommt einem auch überall hinterher. Mal eben in Ruhe aufs WC, keine Chance. Oder mal eben Kaffee machen/holen, Fehlanzeige. Und sie krabbelt verdammt schnell.

Das sind die Momente, in denen mir, auf Grund des mangelnden Nachtschlafes die oben genannte Frage kommt. Natürlich ist es totaler Unsinn. Denn ich spüre und sehe, dass sie gerade eine unglaubliche Entwicklung durch macht. Da fängt sie von einem Tag auf den anderen an ihre Dinkelringe zum Frühstück zu löffeln (so lange bis die Schüssel halb leer war, dann war mit der Hand einfacher). Oder schiebt ihren Hasen (ein Rutschgefährt wie das Bobby Car, nur als Hase) auf einmal los und läuft neben her, als hätte sie nie was anderes getan. Das sind zwar nur relativ kurze Momente, doch diese zeigen mir ganz deutlich, wohin es bei ihr gerade geht. Und das ist so eine unglaubliche Veränderung, dass sie Halt sucht. Dass sie sich versichert, dass ich da bin. Dass sie sicher sein will und muss, dass ich sie sehe. Sie wahrnehme in dem was sie tut und ihrem Bedürfnis dabei begleitet zu werden.

Es ist wirklich nicht einfach. Es gab Momente, da hatte ich einfach keine Lust mehr immer das Duplo-Haus festzuhalten, damit sie aufmachen, das Püppchen rein tun, zumachen und rein schauen kann. Ich habe sie dann gebeten, dass wir etwas anderes spielen. Als ich dies das erste Mal machte, dachte ich mir nichts dabei. Aber, sie ließ tatsächlich von ihrem Spiel ab, holte dafür eines ihrer Kuscheltiere und begann auf die Körperteile zu zeigen. Auch dieses unglaubliche Verständnis zeigt mir, wieviel gerade in ihr vorgeht. Wie sehr sie gerade auch geistig reift. Und trotzdem gibt es Momente, da bin ich kurz davor, die Geduld zu verlieren. Mit ihr, mit mir, mit der ganzen Situation. Dann nehme ich das Gewitterhexlein in die Arme und sage, zu ihr und zu mir selbst: Ich habe Dich ganz unheimlich doll lieb. Mir hilft es in diesen Momenten so sehr, denn ich zeige nicht nur ihr, dass ich sie liebe, sondern gleichzeitig auch mir selbst, dass ich mich in dieser Situation annehmen und sein lassen kann.

Also nein, natürlich habe ich sie nicht verwöhnt. Es ist eine sehr intensive und nicht einfache Phase für uns beide, die auch unsere Verbindung neu definiert oder besser, auf ein anderes Level hebt. Sie muss für sich heraus finden, ob das Band so fest und gleichzeitig so flexibel ist, dass sie diesen Sprung machen kann. Dass ich nicht nur hinter ihr stehe und ihr vertraue, sondern dass ich sie auffange und tröste.

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7 Kommentare zu „Hab ich sie vielleicht doch verwöhnt?

  1. Die Entwicklungssprünge sind der Hammer. Man geht auf dem Zahnfleisch. Und danach können sie dann plötzlich doppelt so viel wie vorher. Das ist dann auch der Hammer.

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    1. Ohja. Zwischendrin kann ich so erahnen, was kommen könnte. Und dazu schiesst sie in die Länge. Zur Geburt war ihr die 50 zu groß. Jetzt mit knapp 13 Monaten fängt sie an 80 zu tragen (und ich hab mich gewundert, warum sie sich den ganzen Tag dauernd verschätzt hat).

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