Die kleine Dame ist nun schon 10 Monate alt (Wahnsinn, wo ist die Zeit hin?) und es steht mal wieder alles Kopf. Ich habe dem Braten ja ohnehin nicht getraut und es war klar, dass dieser Hauch von einem Rhythmus sicher nicht lange anhält (knapp 2 Monate sind schon eine lange Zeit). Und siehe da mit einem Schlag, war die Veränderung da. Urplötzlich schlief sie etwas länger. Auf einmal war die Nacht nicht mehr um 4 zu ende und das lag nicht nur an der Zeitumstellung. Dadurch macht sie nun auch meist nur noch ein längeres Schläfchen am Tag. Das ist dann schon eine Umstellung, mir fehlen die Schläfchen so über den Tag verteilt doch etwas. Was etwas vorher schon begann, mir aber erst nicht so recht auffiel, war dass sie wieder angefangen hat mehr zu stillen. Als sie anfing mit ca. 6 1/2 Monaten richtig mit zu essen, reduzierten sich die Stillmahlzeiten mit der Zeit auf so grob 4-5 Mahlzeiten in 24 Stunden. Das hat sich nun wieder geändert, obwohl sie weiterhin ziemlich gut bei uns mit isst. Trotzdem stillen wir gerade recht häufig und auch relativ lange, ebenfalls eine Änderung, denn die Mahlzeiten waren auch recht kurz. Jetzt stillen wir oft gut 20 Minuten (sie trinkt zusätzlich zwischendurch und zu den Mahlzeiten weiterhin Wasser). Sicher sind diese Phasen nicht nur Hunger, sondern einfach auch Ruhe tanken, denn seit sie festgestellt hat, dass man sich an Dingen hochziehen und auf Kisten drauf und drüber klettern kann, gibt es erst recht kein Halten mehr.Es wird geklettert, drüber gekrabbelt, selbst ich muss regelmäßig als Klettergerüst herhalten. Die ersten Tage war das vermehrte Stillen sehr anstrengend. Körperlich habe ich es sehr gemerkt. Ich fühlte mich teilweise wie erschlagen. Klar, der Körper muss sich auf die wieder vermehrte Milchproduktion auch erstmal wieder einstellen. Vom Kopf her war die Umstellung kein Problem. Allerdings verstehe ich Mütter, die, wenn sie bis zum 10. Monat gestillt haben, an diesem Punkt so langsam der Ansicht sind, dass es ihnen reicht und beschliessen, dass ihr Baby keine Muttermilch mehr braucht. Meistens wird dann auf Flaschennahrung umgestellt. Doch auch wenn ich es gedanklich nachvollziehen kann, so ist dies eben auch nur ein Phase, die vorbei geht. Sich hochziehen, stehen lernen, auf und über Dinge klettern und die neue Perspektive die man aus dem Stand hat, das alles muss irgendwie verarbeitet werden und der beste Ruhepol ist eben Mamas Brust. Weswegen dies für mich nie ein Grund wäre abzustillen (davon abgesehen, dass ich nachts Fläschchen richten anstrengender finde, als 20 Min. stillen und dann weiter schlafen). Ich merke sehr deutlich, wie gut es ihr tut zu stillen und wie gut ihr diese kurzen Ruhephasen tun, da wir uns dann auch aus dem Tagesgeschehen zurück ziehen, so dass wir beide abschalten können.
Was sich ausserdem sehr auffällig geändert hat, ist die Kommunikation. Wusste ich bisher welche Art von Nörgeln, Weinen und welche Gesten was bedeuten, muss ich in vielen Punkten nun von vorn beginnen. Wenn irgendetwas nicht funktioniert, wie sie möchte, sie Hunger hat/stillen will, müde ist, die Windel voll ist, egal was, bei allem kommt sie zu mir gekrabbelt und brabbelt dabei „Mamamamammama…“ vor sich hin (auch wenn mein Mann da ist). Manchmal drückt sie dann ihr Gesicht an meine Brust, dann habe ich zumindest nur die Wahl zwischen müde und stillen, meist es beides (stillen und dann schlafen wollen). Ansonsten kann ich nur raten, denn der Tonfall variiert momentan nicht. Bin ich nicht im Zimmer mischt sich zumindest ein „heee“ oder „ehh“ zwischen das Gebrabbel, so dass klar ist, dass sie mich sucht und ruft. Reagiere ich zu langsam oder falsch, wird sie allerdings sauer, was verständlich ist und beginnt an mir zu ziehen und manchmal auch zu kratzen. Erst dachte ich, sie macht sich einen Spaß, kann die Kraft nicht einschätzen oder testet einfach Aktion – Reaktion aus. Es hat etwas gedauert, bis ich verstanden habe, dass sie verärgert ist, weil ich sie nicht verstehe. Klar, wenn ich dauernd sage „Mama, ich will das und das.“ und es wird nicht (richtig) reagiert, würde ich auch sauer werden. Und da ihr noch die sprachliche Kompetenz fehlt, bleibt ihr keine andere Möglichkeit, als anders die Dringlichkeit ihres Anliegens klar zu machen. Das ist keine Bosheit, sie will mir nicht weh tun. Wenn es versehentlich doch doller wird und ich mich deswegen erschrecke, weint sie selbst bitterlich. Ich tröste sie dann natürlich sofort, sage ihr, dass ich nicht böse bin, mich nur erschreckt habe und weiss, dass es keine Absicht war. Mittlerweile versteht sie ohnehin sehr viel mehr. Wenn sie mit etwas spielen will, was sie nicht darf, z.B. sind Kabel immer noch sehr faszinierend, reicht es oft, ihr zu sagen, dass sie die Dinge in Ruhe lassen soll. Wir haben von Anfang an, als sie begann mobil zu werden, nicht einfach nur „Nein“ gesagt, sondern auch immer erklärt warum, insbesondere dann, wenn sie anfing zu weinen, weil sie doch aber gern mit dem spannenden Kabel spielen wollte. Manchmal fängt sie immer noch an zu weinen, wenn sie etwas nicht machen soll, weil ihr eben noch die Worte fehlen, um ihren Ärger oder Enttäuschung auszudrücken, aber sie lässt es dennoch bleiben, denn sie weiss mittlerweile, dass wir nicht einfach nur irgendwas verbieten, sondern es einen Grund gibt. Aber auch das mussten wir anfangs erst einmal verstehen, ebenso wie jetzt das Gezerre. Nachdem ich kapiert hatte, was sie will, wurde selbiges sofort weniger, was mir wiederum zeigte, dass ich sie richtig verstanden habe.
Die letzten Tage haben mir wieder einmal gezeigt, wie wichtig ist, seinem Baby mit offenen Augen zu begegnen und nicht jeden Tag nach einem bestimmten Schema abzuspulen. Natürlich ist das anstrengend und ja, es zehrt an den Kräften, zumindest am Anfang. Doch das ist kein Grund, sich nicht nach der Entwicklung des Kindes zu richten, sich daran zu erfreuen, wenn es etwas neues meistert, den Stolz mit ihm zu teilen, wenn es etwas geschafft hat. Es ist auch kein Grund es nicht zu trösten, denn Stürze gibt es natürlich nun vermehrt oder Schrecken und kleinere Verletzungen einfach abzutun, denn durch Schmerz wird gelernt. Auch hier finde ich es wichtig, das Kind ruhig zu trösten, zu benennen, was passiert ist (z.B. Du bist beim Klettern von der Spielzeugkiste gerutscht, dabei hast Du Dich gestoßen und erschreckt.). Es fällt dem Baby wesentlich leichter die Situation einzuordnen, vor allem, wenn es wieder passiert und gleichzeitig Vertrauen in sich und in seine Bezugspersonen aufzubauen. Denn das Wissen, dass jemand da ist, der es ernst nimmt, gibt Kraft. Zu wissen, dass Rückhalt da ist, dass es aufgefangen wird, gibt ihm das Vertrauen neues zu wagen und einen Fehlschlag, nicht sofort als Rückschlag zu empfinden.Gleichzeitig lasse ich sie einfach machen. Ich laufe nicht die ganze Zeit hinterher und halte meine Hände um sie, damit sie nicht fällt oder meine Hand irgendwo hin, damit sie sich nicht stößt. Nicht, weil ich denke, der Schmerz ist notwendig, um zu lernen, sondern weil ich denke, dass es die Bewegungsfreiheit und das Körperempfinden eines Babies bzw. Kindes sehr einschränkt, wenn dauernd jemand daneben steht/läuft oder es dauernd Hände um sich herum spürt. Und welches Signal sende ich meinem Kind, wenn ich es behandele, als wäre es ein rohes Ei? Auf Dauer muss es doch das Gefühl haben, nichts allein zu können, immer beschützt werden zu müssen, Angst vor Fehlschlägen und Verletzungen bekommen. Hier ist Balance gefragt. Es gibt sicher Unternehmungen, da ist Halt geben gefragt (wie über Mama hinweg aufs Sofa klettern wollen). Gleichzeitig kann man bereits auch ein Baby vieles allein machen und austesten lassen. Wichtig ist, wie bei allem anderen auch, es dabei zu begleiten und nicht allein zu lassen. Mit offenen Augen den Weg, den es da beschreitet mitgehen, bereit die Hand zu reichen, wenn gewünscht, als Rückhalt da zu sein.