Ich bin ja ein großer Fußballfan, habe natürlich auch einen Lieblingsverein, in dem ich auch Mitglied bin. Natürlich interessiert mich da auch der DFB Pokal. Was da im Anschluss an das Spiel zwischen Borussia Dortmund und dem FC Bayern stattfand, finde ich jedoch symptomatisch für unsere Gesellschaft und zeigt wieder einmal, wie sich gesellschaftliche „Tugenden“ in einem solchen Mikrokosmos niederschlagen.
Denn, das verlorene Spiel war nicht Resultat eigener schlechter Leistung. Nein, der Schiedsrichter war Schuld, weil er eine schlechte Leistung erbracht hat. Überhaupt sind, wenn irgendwas nicht so läuft, wie wir es wünschen, wollen, es hätte sein sollen, dann liegt die Schuld immer bei allen anderen. Denn es wollen uns immer alle anderen etwas böses und nur deswegen hat irgendwas nicht geklappt.
Aber warum suchen wir immer einen Schuldigen? Weil wir nicht mehr lernen, uns mit schwierigen Situationen auseinander setzen. Anstatt uns zu fragen, warum wir etwas nicht hinbekommen haben, wie wir es wollten, schieben wir die Verantwortung von uns und anderen zu. Dabei können wir aus Niederlagen soviel lernen. Sicher, es tut weh, es kann sogar ungemein verletzend sein, wenn wir scheitern. Doch können wir diesen Schmerz nicht dadurch lindern, dass wir die Schuld bei jemand anderem suchen, so sehr wir auch versuchen uns das einzureden. Unseren Schmerz und Ärger können wir nur dadurch lindern, indem wir hinterfragen, was genau geschehen ist. Wir müssen uns mit der Situation auseinander setzen und sie von allen Seiten betrachten. Wir sollten dabei versuchen, die Brille „Es hätte aber diese oder jenes Ergebnis haben müssen.“ „Ich wollte aber das oder jenes erreichen.“ ablegen, denn diese verhindern, dass wir sehen, was wichtig ist. Auch sollten wir uns nicht verurteilen, uns keine Vorwürfe für unser Scheitern machen, denn Fehler und das nicht Erreichen eines Ziels gehört zum Leben dazu.
Was wir dringend lernen müssen, ist die Lehren, die im vermeintlichen Scheitern liegt, zu sehen und zu verstehen. Wir müssen lernen uns vom Wunsch nach schnellen Resultaten, nach Wunschzielen, die eintreten müssen, weil es ja bisher immer so geklappt hat, los lösen. Wir müssen erkennen, dass alles im Leben dynamisch verläuft, Es ist nicht möglich immer genau das (gleiche) Ergebnis zu erzielen, denn wir werden nie in der Lage sein immer haargenau die gleichen Umstände zu schaffen. Wenn wir es also schaffen, uns vom Verlangen nach Leistung, Erfolg und dem Druck bestimmte Anforderungen unbedingt erfüllen zu müssen, können wir aus unserm Scheitern lernen. Wir können unseren Schmerz lindern und somit weiteres Leiden vermeiden. Und wir können neues Wissen für unser Leben erlangen, Wissen, dass unser Leben erfüllen kann. Wissen, dass wir teilen können und damit das Leben anderer ebenso bereichern können.
Ist das nicht mehr wert, als unsere Zeit damit zu vergeuden Schuldzuweisungen zu machen?
Liebe Ilaina,
einen Punkt möchte ich noch dazu beisteuern.
Mir ist aufgefallen, dass eigentlich alle Menschen von klein auf mit Schuld Zu-beziehungsweise Schuld ABWEISUNGNEN groß werden. Ich empfinde es als typisch männliche Eigenschaft, bei allem sofort zu sagen „Das war ich nicht“, ohne dass eine Sekunde Zeit gewesen wäre über eine eigene Beteiligung am Geschehen nachzudenken. Vielleicht nach dieser Aussage, aber meistens nicht freiwillig. Genau diesen Automatismus gucken sich die Kinder ab. Jungs eher als Mädchen, da Mütter, warum auch immer, stets eine Beteiligung oder „Schuld“ erstmal bei sich suchen…
Mir geht das seit der Bewusstwerdung dieses Phänomens total auf den Keks, dafür habe ich es probehalber mal übernommen, um zu gucken ob sich beim Anderen etwas ändert oder ebenfalls ein Bewusstsein auftritt – aber nichts dergleichen 😦 Gerade beim Fußball finde ich es sehr seltsam, dass immer irgendeiner am schlechten Spiel Schuld ist, und nicht die Spieler, die ja den Ball spielen… Das müsste doch vielen Menschen auffallen. Eine Analyse der Stuation, welcher auch immer, ist hilfreich um zu erkennen und daran zu reifen.
Danke für deinen Artikel 🙂
Liebe Grüße
Martina
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Liebe Martina, das Phänomen der Schuldabweisung ist gerade bei Frauen in der Geschäftswelt nicht selten. Insbesondere in größeren Teams, in denen mehrere die gleichen Aufgaben erfüllen, ist es nicht ungewöhnlich, dass niemand irgendwas war (selbst, wenn es sich über Logins nachweisbar ist). Es hat da mittlerweile ziemlich abgefärbt. Interessanterweise sind Mütter in der Hinsicht tatsächlich anders sind, was in meinen Augen jedoch auch wieder gesellschaftlich bedingt ist. Denn, wenn irgendwas mit den Kindern ist, ist auch immer erstmal die Mutter Schuld (womit wir wieder bei der Zuweisung wären).
Letztendlich läuft es auf einen Mangel an Kommunikation und Reflektion hinaus. Würden wir alle mehr echte Gespräche führen (was Reden und Zuhören beinhaltet) und mehr über Geschehnisse reflektieren, würden sich manche gesellschaftlich gewachsenen Eigenschaften recht schnell wieder erledigt haben.
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