Gehmeditation

Ich war zu einem weiteren Vorsorgetermin bei meinem Frauenarzt. Wie immer die Frage, wie es mir geht. Von mir, wie immer, die Antwort „Alles super.“ Mein Arzt schaut mich etwas ungläubig an. „Wirklich?“ „Ja, wirklich.“ „Sicher? Gar keine Beschwerden?“ „Naja, ab und an tut mal morgens die Hüfte weh oder der Ischias zwickt. Aber nix weltbewegendes. Mit hat nach der Arbeit schon westlich schlimmer weh getan.“ Daraufhin grinst er nur und macht eine entsprechende Notiz. Offensichtlich ist es nicht so häufig, dass eine Schwangere nicht über Schmerzen klagt. Aber es entspricht der Wahrheit. Ich hatte wirklich schon schlimmere Schmerzen, phasenweise so heftig, dass ich mich nicht mehr bewegen mochte. Was also hat sich geändert?

Ein weiteres starkes Werkzeug, dass mir unglaublich viel hilft, ist die Gehmeditation. Ich bin schon immer gern Spazieren gegangen, nicht zuletzt auch um „meinen Kopf frei zu kriegen.“ Wer kennt es nicht? Dieses Gefühl einfach irgendwie raus zu müssen? Sich bewegen zu müssen, weil im Kopf einfach keine Ruhe zu finden ist? Oder einfach den Drang nach ungezwungener Bewegung, ohne Fitness Hintergedanken? Und wer steht nicht gerne auf und geht umher, wenn er über etwas nachgrübelt?

Es sei kurz angemerkt, die Gehmeditation ist selbstverständlich auch in geschlossenen Räumen, z.B. im Flur oder im Gang zwischen Schreibtischen im Büro, ausführbar. In meinem Fall nutze ich jedoch gerne bei entsprechendem Wetter die Möglichkeit das ganze draussen an der frischen Luft auf unserem Balkon durchzuführen. Blöde Blicke sind mir generell egal, davon abgesehen arbeiten die meisten in unserer Gegend tagsüber, das heisst, es kann sowieso kaum jemand zuschauen. Ansonsten haben wir einen Flur, der super dafür geeignet ist.

Ich will mich nicht groß in der Beschreibung der Meditation verlieren. Hier gibt es zum Beispiel eine geführtes Anleitungsvideo, Es ist übrigens möglich das ganze in Form eines Spazierganges abzuändern. Dabei ist allerdings viel mit Ablenkung zu rechnen, also sollte man dabei bereits soweit sein, Gedanken und Ablenkungen ziehen zu lassen und ihnen nicht zu folgen. Mit einiger Übung ist es jedoch möglich und kann eine willkommene Abwechslung in der Meditationspraxis sein.

Nun, ich habe natürlich einige Beschwerden in meiner Schwangerschaft, immerhin bin ich schon im dritten Trimester. Meine Hüfte ist morgens ein wenig steif, da ich nachts immer nur auf einer Seite schlafe und auf dem Rücken liegen ja nicht mehr möglich ist. Wenn ich viel unterwegs bin, zwickts es sehr im Schambereich, fast wie Muskelkater. Wenn ich zuviel sitze passiert allerdings genau das gleiche. Also nur auf dem Sofa liegen ist nicht (davon abgesehen, dass es fad ist und dem Kreislauf nicht gut tut). Durch die Gehmeditation bekomme ich allerdings nicht nur ein gewisses, wohltuendes Pensum an Bewegung, egal bei welchem Wetter. Es gibt auch Tage, an denen ich innerlich bei einer Atemmeditation oder dem Body Scan nicht genug zur Ruhe.

Diese Art der Meditation hat also einen doppelt positiven Effekt für mich. Ich bleibe in Bewegung, gehen trainiert zudem den Beckenboden, gerade das ganz bewusste Gehen. Ich kann mich neu zentrieren, durch die Bewegung verbunden mit meinem Atem, das bewusste Wahrnehmen meiner Schritte und den Bewegungsabläufen Ruhe in meine Gedanken und Geist mit Atem und Bewegung in Einklang bringen. Und, da ich natürlich auch auf meine Empfindungen achte, auftretende Beschwerden und Schmerzen betrachten und annehmen. Ich weiss, da ich lerne alles einzuordnen und zu erkennen, dass nichts dabei ist, was mir Sorgen bereiten muss. Ich ruhe in mir und kenne dieses Gebäude, das mein Körper ist.

(11.03.2015 auf meinachtsamesleben.blogspot.com)

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2 Kommentare zu „Gehmeditation

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